04. Dezember 2019

50 Jahre TGW – CEO Harald Schröpf im Interview

- TGW (Transportgeräte Wels) wurde 1969 von Ludwig Szinicz und Heinz König gegründet
- Heute ist das Unternehmen erfolgreicher Systemintegrator mit 3.600 Mitarbeitern und einem Umsatz von 719,6 Millionen Euro
- Als Stiftungsunternehmen ist TGW stabiler Partner und verlässlicher Arbeitgeber

„TGW ist ein verlässlicher Arbeitgeber und ein stabiler Partner für Kunden und Lieferanten.“

Im Interview anlässlich des 50-jährigen Bestehens der TGW Logistics Group spricht CEO Harald Schröpf über die erfolgreiche Firmenentwicklung, die Schwerpunkte in Forschung und Entwicklung sowie die künftigen Herausforderungen für das österreichische Traditionsunternehmen.

TGW feiert 2019 sein 50-Jahr-Jubiläum. Was empfinden Sie dabei?

 

Harald Schröpf: Viele Personen haben maßgeblich zum Erfolg von TGW beigetragen, allen voran unsere Gründer Ludwig Szinicz und Heinz König. Sie legten 1969 mit der Übernahme einer kleinen Schlosserei in Wels den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte in der Intralogistik. Anfangs produzierte TGW – der Name leitet sich übrigens von Transportgeräte Wels ab – mit zehn Mitarbeitern Magazinwagen, Schubkarren und Schwerlastanhänger. Für einen österreichischen Versandhändler wurde 1970 das erste Förderband der Unternehmensgeschichte entwickelt. Das war sozusagen der Startschuss für die Fokussierung auf die Intralogistik. In den Jahrzehnten danach folgten viele bahnbrechende Entwicklungen – das erste Regalbediengerät von TGW, das Stingray Shuttle oder FlashPick®, die Komplettlösung für automatisierte Einzelstückkommissionierung, um nur einige zu nennen.

Wie hat sich TGW in den Letzten fünf Jahrzehnten entwickelt?

 

TGW expandierte international und konnte seinen Jahresumsatz innerhalb weniger Jahre auf zuletzt 719,6 Millionen Euro verdoppeln. Wir haben konsequent neue Märkte erschlossen und fokussieren uns auf Europa, die USA und China. Die Zahl der Mitarbeiter ist ebenfalls kontinuierlich gewachsen: Mittlerweile beschäftigen wir in Europa, Asien und Nordamerika 3.600 Spezialisten aus 69 Nationen. Als breit aufgestelltes Unternehmen spielen wir seit Jahren in der obersten Intralogistik-Liga international mit.

Wie hat sich die Wahrnehmung von TGW in der Branche geändert?


Von zentraler Bedeutung für unsere erfolgreiche Entwicklung war der Schritt vom früher reinen Mechanikanbieter zum Systemintegrator. TGW wird in der Branche über viele Jahre als Lieferant hochqualitativer, zuverlässiger Mechatronikkomponenten wahrgenommen und geschätzt. Heute planen und realisieren wir vor allem als Generalunternehmer hochkomplexe Logistikzentren auf der ganzen Welt – und wir sorgen auch dafür, dass die Anlagen zuverlässig die zugesicherte Leistung liefern. Dafür haben wir viel Know-how aufgebaut: in der Lösungsplanung, im Bereich Software und auch im Kundenservice. Zahlreiche internationale Kunden haben TGW in den vergangenen Monaten mit dem Automatisieren ihrer Intralogistik beauftragt. Mit dem Sportartikel-Spezialisten Puma konnten wir 2019 einen der größten Aufträge unserer Unternehmensgeschichte mit einem dreistelligen Millionen-Euro-Volumen abschließen.

Welche Rolle spielen Forschung und Entwicklung?


Innovationen haben traditionell eine enorm hohe Bedeutung für uns. TGW hat das Forschungs- und Entwicklungsbudget im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr neuerlich um mehr als 16 Prozent auf insgesamt 28 Millionen Euro erhöht. Mit fast vier Prozent des Umsatzes als Investition in Forschung und Entwicklung erreichen wir einen hohen Wert. Diesen Weg setzen wir weiter fort – mit Schwerpunkten in den Bereichen Robotik und Digitalisierung. Damit geben wir Antworten auf die Herausforderungen, vor denen viele unserer Kunden stehen und positionieren uns als Technologieführer in den Bereichen Robotik und Automatisierung.

 

Künstliche Intelligenz und kognitive Systeme sind Zukunftsthemen, denen sich TGW intensiv widmet. Diese Technologien kommen in unserem intelligenten, selbstlernenden Kommissionierroboter Rovolution bereits zum Einsatz. Unsere Spezialisten haben darüber hinaus auch einen sogenannten Digital Twin von Rovolution entwickelt: ein vollständiges und mitwachsendes digitales Abbild, das in Echtzeit mit der physischen Anlage verbunden ist. Dieser Digitale Zwilling macht Entscheidungen und Bewegungen des Roboters sichtbar, nachvollziehbar und vorhersagbar. Mit seiner Hilfe können wir Daten analysieren, aus ihnen lernen und sie mit 3D-Modellen visualisieren. Damit lässt sich nicht nur der aktuelle Zustand von Rovolution überwachen. Unsere Experten können mit einer Replay-Funktion auch in die Vergangenheit schauen, um Ursachen für Fehler zu erkennen und sie können zudem vorhersagen, wann zum Beispiel bestimmte Wartungen erfolgen müssen. Nutzer profitieren von optimaler Transparenz, höherer Produktivität und weniger Betriebskosten.

Welche Auswirkungen haben diese Innovationen auf die Intralogistik-Branche?

 

Mit den neuen technischen Möglichkeiten, zum Beispiel in der Robotik oder der Digitalisierung, kann man Antworten auf bislang schwer lösbare Kundenanforderungen geben. Erfolgreich werden künftig nur die Unternehmen sein, die diese Möglichkeiten geschickt nutzen. Die Bedeutung des Onlinehandels wird ebenfalls weiter zunehmen. Mit unseren Systemlösungen sind wir in diesem Bereich sehr gut positioniert. Aber selbst bei einem E-Commerce-Anteil von 20 Prozent am gesamten Konsumvolumen – und davon sind wir aktuell weit entfernt – werden immer noch 80 Prozent der Einkäufe über den stationären Handel abgewickelt. Das ist ebenfalls ein riesiger Markt mit großem Potential.

TGW gehört einer Stiftung. Was bedeutet das für die Firma?

 

Unser 2017 verstorbener Gründer Ludwig Szinicz wollte sicherstellen, dass TGW auch nach seinem Rückzug aus der operativen Geschäftsführung ein eigenständiges und stabiles Unternehmen bleibt. Daher gründete er bereits 2004 die TGW Future Privatstiftung und schenkte ihr alle Anteile an der TGW Logistics Group. Damit wollte er die Zukunft der Firma absichern und dafür sorgen, dass TGW im Sinne seiner Philosophie „Mensch im Mittelpunkt – lernen und wachsen“ nachhaltig fortgeführt wird.

 

Als Stiftungsunternehmen kann TGW nicht verkauft werden, zwei Drittel des Gewinns bleiben im Unternehmen und werden investiert. Damit ist TGW ein verlässlicher Arbeitgeber einerseits und ein stabiler Partner für seine Kunden und Lieferanten andererseits. Mit der Initiative Future Wings werden gemeinnützige Projekte initiiert und unterstützt, die sich vor allem der Aus- und Weiterbildung junger Menschen widmen.

 

Wo sehen Sie Herausforderungen und Zukunftschancen für TGW?

 

Es geht darum, die Chancen der Zukunft zu erkennen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Ein sehr hoher Grad an Automatisierung spielt bei den Lösungen von TGW eine ganz zentrale Rolle. Wir möchten unsere Kunden unterstützen, noch schneller und effizienter zu werden. Das Automatisieren von Abläufen und Prozessen bietet außerdem eine Antwort auf die Herausforderungen von E-Commerce und dem damit verbundenen Omni-Channel-Ansatz – sowie auf die zunehmend schwierige Suche nach Arbeitskräften in vielen Branchen. TGW entwickelt seine Lösungen so intelligent und flexibel, dass die Anlagen unvorhersehbare Änderungen im Kundenverhalten jederzeit meistern können. TGW ist sehr gut aufgestellt, wir können der Zukunft also positiv entgegensehen und freuen uns auf die nächsten 50 Jahre. 

 

Herr Schröpf, vielen Dank für das Gespräch.

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